Es war einmal ein alter Mann, der zur Zeit von Lao-Tse in einem kleinen chinesischen Dorf lebte.
Der Mann lebte zusammen mit seinem einzigen Sohn in einer kleinen Hütte am Rande des Dorfes. Ihr einziger Besitz war ein wunderschöner Hengst, um den sie von allen im Dorf beneidet wurden. Es gab schon unzählige Kaufangebote, diese wurden jedoch immer strickt abgelehnt. Das Pferd wurde bei der Erntearbeit gebraucht und es gehörte zur Familie, fast wie ein Freund.

Eines Tages war der Hengst verschwunden. Nachbarn kamen und sagten:
„Du Dummkopf, warum hast Du das Pferd nicht verkauft? Nun ist es weg, die Ernte ist einzubringen und Du hast gar nichts mehr, weder Pferd noch Geld für einen Helfer. Was für ein Unglück!“
Der alte Mann schaute sie an und sagte nur:
„Unglück – mal sehen, denn wer weiss? Das Leben geht seinen eigenen Weg, man soll nicht urteilen und kann nur vertrauen.“

Das Leben musste jetzt ohne Pferd weitergehen und da gerade Erntezeit war, bedeutete das unheimliche Anstrengungen für Vater und Sohn. Es war fraglich, ob sie es schaffen würden, die ganze Ernte einzubringen.

Ein paar Tage später war der Hengst wieder da und mit ihm war ein Wildpferd gekommen, das sich dem Hengst angeschlossen hatte. Jetzt waren die Leute im Dorf begeistert.
„Du hast Recht gehabt“, sagten sie zu dem alten Mann. „Das Unglück war in Wirklichkeit ein Glück. Dieses herrliche Wildpferd als Geschenk des Himmels, nun bist Du ein reicher Mann …“
Der Alte sagte nur:
„Glück – mal sehen, denn wer weiss? Das Leben geht seinen eigenen Weg, man soll nicht urteilen und kann nur vertrauen.“

Die Dorfbewohner schüttelten den Kopf über den wunderlichen Alten. Warum konnte er nicht sehen, was für ein unglaubliches Glück ihm widerfahren war? Am nächsten Tag begann der Sohn des alten Mannes, das neue Wildpferd zu zähmen und zuzureiten. Beim ersten Ausritt warf ihn dieses so heftig ab, dass er sich beide Beine brach. Die Nachbarn im Dorf versammelten sich und sagten zu dem alten Mann:
„Du hast Recht gehabt. Das Glück hat sich als Unglück erwiesen, Dein einziger Sohn ist jetzt ein Krüppel. Und wer soll nun auf Deine alten Tage für Dich sorgen?“
Aber der Alte blieb gelassen und sagte zu den Leuten im Dorf:
„Unglück – mal sehen, denn wer weiss? Das Leben geht seinen eigenen Weg, man soll nicht urteilen und kann nur vertrauen.“

Es war jetzt alleine am alten Mann die restliche Ernte einzubringen. Zumindest war das neue Pferd soweit gezähmt, dass er es als zweites Zugtier für den Pflug nutzen konnte. Mit viel Schweiss und Arbeit bis in die Dunkelheit sicherte er das Auskommen für sich und seinen Sohn.

Ein paar Wochen später begann ein Krieg. Der König brauchte Soldaten, und alle wehrpflichtigen jungen Männer im Dorf wurden in die Armee gezwungen. Nur den Sohn des alten Mannes holten sie nicht ab, denn den konnten sie an seinen Krücken nicht gebrauchen.
„Ach, was hast Du wieder für ein Glück gehabt!“, riefen die Leute im Dorf.
Der Alte sagte:
„Mal sehen, denn wer weiss? Aber ich vertraue darauf, dass das Glück am Ende bei dem ist, der vertrauen kann.“

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